Mittwoch, 15. Februar 2017

Mama, Papa, ich möchte euch nicht manipulieren...


Wenn ein kleines Kind weint, macht das etwas mit den meisten Eltern.
 Sie fragen sich, was es denn jetzt hat.
Soll ich es trösten oder einfach lassen?
Soll ich es ablenken oder darauf eingehen?

Es verunsichert viele Eltern, weil bis heute folgender Irrglaube verbreitet ist:
Wenn ein kleines Kind wegen irgendetwas weint, schreit oder sonst "außer sich" ist, will es seinen Willen durchsetzen.  Es will seine Eltern manipulieren.
Dem ist nicht so: Ein Kind lernt seine Bedürfnisse und Gefühle erst kennen. Es ist damit für den Moment überfordert. Wut, Angst, Traurigkeit, Freude. Es weiß damit noch nicht umzugehen. Genauso wie es erst lernen muss, mit seinen Armen und Beinen umzugehen, muss es dass auch mit seinen Empfindungen und Bedürfnissen.

Wie auch immer Eltern in solchen Situationen reagieren… Es erfährt vor allem eines dadurch:

Wie stabil ist die Bindung zu meiner Mama und meinem Papa?
Halten es meine Mama und mein Papa aus? Werden sie nervös und unruhig? Versuchen sie mich jetzt schnell ruhig zu bekommen, da es ihnen unangenehm ist? Kann ich mich auf ihre innere Stärke / die Bindung zu ihnen verlassen?

Alles was du nicht aushalten kannst, alles was du verdrängst, lädst du ungewollt deinem Kind auf.

So läuft es seit Generationen. Ganz allgemein kann man sagen:

Die Generation der heutigen Großeltern hatte als Eltern den eigenen Mangel an Liebe verdrängt und dadurch Liebe oft nicht so zeigen können, wie es das Kind gebraucht hätte. Zu sehr ging es darum, einfach nur zu funktionieren und seine Pflicht zu erfüllen.

Deren Kinder, also die jetzige Eltern-Generation, ist da offener und zeigt mehr Liebe. Doch es läuft nach wie vor noch etwas Grundlegendes falsch: 

Die Liebe zum eigenen Kind ist noch nicht bedingungslos. Auch wenn man dies gerne möchte. Bewusst oder unbewusst haben viele noch folgende innere Einstellung:

Bitte erfülle die Erwartungen und Bedingungen die ich an dich habe. So wie ich sie auch erfüllen musste. Falle in der Kita und der Schule nicht auf. Lerne fleißig und beschäftige dich ruhig mit deinem Spielzeug.
Sei das Kind, was ich für mich selbst brauche und was ich aushalten kann.



Kommt dir dabei etwas bekannt vor? Lebst du dein Leben ähnlich? Versuchst du auch, dich so zu verhalten, dass andere durch dich nicht unangenehm berührt sind? Dass du möglichst alles gut und richtig machst und nicht negativ auffällst? Versuchst du noch, die Rolle aus deiner Kindheit zu erfüllen?

Wenn du bereit bist, deine eigene innere Haltung zu reflektieren, kannst du dich selbst folgendes fragen:

Brauchst du die Zuneigung und Bestätigung von deinem Kind?

Möchtest du, dass es bestimmten Vorstellungen entspricht?

Was macht es mit dir,
...

... wenn dein Kind enttäuscht ist bzw. du denkst, es enttäuscht zu haben?
... wenn es wütend ist?

... wenn es traurig ist?

... wenn es ängstlich ist?
… wenn es sich langweilt?

… wenn es nicht „so gut ist“ wie die anderen Kinder?
… wenn es etwas will, was du nicht willst?
… wenn es sich nicht deinen Erwartungen entsprechend verhält?

Schaffst du es, einfach „stehen zu bleiben“ / bei dir selbst zu bleiben, wenn sich dein Kind in solchen Situationen befindet? Oder versuchst du diese Situationen schnell zu verändern? Durch trösten, ablenken oder bewerten?


Verurteile dich nicht dafür, wenn es noch so ist.

Mache dir aber bewusst, dass nicht dein Kind das Problem ist.


Kennst du folgende Situationen? Was machen sie mit dir? Wie geht es dir dabei?

Dein Kind, 1 Jahr, weint und schreit und du weißt nicht warum?

Dein Kind, 2 ½ Jahre, tobt und weint, weil es etwas nicht haben durfte?

Dein Kind, 5 Jahre, „bockt“ und weigert sich, mit dir zu sprechen?

Dein Kind, 8 Jahre, diskutiert mit dir immer über dasselbe Thema?

Dein Kind, 11 Jahre, hat trotz Verbot sich mit Freunden getroffen?

Dein Kind, 15 Jahre, "motzt" dich nur voll und es interessiert kaum was du sagst?


Dein Kind möchte dir vor allem folgendes in solchen Situationen sagen:

„Mama, Papa ich muss mir sicher sein können, ob die Bindung zwischen euch und mir stabil genug ist. Ob ihr stark genug seid, meine Entwicklungsschritte auszuhalten. Ob ich mich immer noch auf euch verlassen kann. Denn ich bin von euch abhängig.

Ich brauche immer wieder die Sicherheit, dass ihr mich bedingungslos lieb habt, auch wenn ich mich nicht euren Vorstellungen entsprechend verhalte. Ob ich mit eurer Führung rechnen kann, die ich brauche, um mich sicher zu fühlen. Ob ihr einfach da seid, ohne dass ihr euch von mir steuern oder lenken lasst.

Ich muss all meine Gedanken, Gefühle, Bedürfnisse und Empfindungen kennen lernen. Sowie auch meine Fähigkeiten, mein Potenzial und meine eigenen Grenzen. Bitte versucht das zu verstehen in diesem Moment.
Es geht nicht darum, euch zu manipulieren.“

Und es ist außerdem ein Hinweis an dich:

Was hast du noch in dir, was aus deiner eigenen Kindheit nicht geheilt ist?

Was lässt dich selbst nicht stabil genug sein, um dein Kind „auszuhalten“?

Das Beste was du für dein Kind in solchen Momenten tun kannst, ist... es auszuhalten und ihm zu signalisieren, dass es OK ist, wenn es sich so fühlt. 

Ihm stabil gegenüber sein und wie ein „Fels in der Brandung“ die Wellen der Gefühle aushalten. Du musst es nicht bedauern, du musst es nicht ablenken und du musst auch nicht nachgeben.

Das gibt deinem Kind Halt und Stabilität für seine Entwicklung. Es wird dadurch lernen, dass Gefühle sein dürfen und man sich aber von ihnen nicht steuern lassen muss. Dein Kind kann dadurch von Anfang an ein gesundes Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl entwickeln.

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